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  • AutorenbildMarion Wosowiecki

Frustrationstoleranz

Ein schwieriges Wort, ich habe es noch nie gemocht. Aber es begegnet einem immer wieder, wenn es um das Thema Hundeerziehung geht, vor allem mit etwas problematischen Tieren.


Aber was ist das eigentlich genau?

In der Psychologie wird Frustrationstoleranz mit dem Umgang von inneren Impulsen oder Außenreizen sowie Enttäuschungen beschrieben. Ein Hund mit geringer Frustrationstoleranz erträgt es nicht, wenn seine Wünsche, Triebe und unmittelbaren Bedürfnisse nicht sofort befriedigt werden. Wer eine hohe Frustrationstoleranz besitzt, ist fähig vorübergehende Unannehmlichkeiten und Wartezeiten in Kauf zu nehmen, wenn man auf eine spätere Belohnung hofft.


Und da kommen wir zu Yuki, sie besitzt oder besser besaß nur eine sehr geringe Frustrationstoleranz. Nun, wie äußert sich das im täglichen Leben? Die Hunde reagieren mit Übersprungshandlungen (schon wieder so ein fürchterliches Wort). Auch hierzu eine kurze Erklärung.

Übersprungshandlung hat natürlich nichts mit Springen zu tun, man kann sie als sprunghaft veränderte Aktivität bei verschiedenen Gelegenheiten beschreiben. Also wenn z.B. eine Handlung begonnen wurde und sich herausstellt, dass sie so nicht ausführbar ist oder wenn man merkt, dass der gewünschte Erfolg nicht zu erreichen ist.


Diese Übersprungshandlungen können bei jedem Hund verschieden aussehen. Bei Yuki waren es fürchterliches Bellen, Jaulen, in die Leine beißen und was das schlimmste war, in die Jacke oder den Arm beißen. Das sind natürlich Verhalten, die man so nicht dulden kann. Nur, was kann man tun? Das ist gar nicht so einfach. Als Hundebesitzer möchte man den Hund am liebsten Erwürgen, vor allem, wenn dieses Verhalten teilweise über den Tag verteilt bis zu 10x auftritt. Man ist verzweifelt, manchmal ist einem zum Heulen zumute, vor allem, wenn die Lieblingsjacke dran glauben musste.


Und ich muss zugeben, ich habe auch als Hundetrainer Besitzern mit solchen Hunden teilweise schlaue Ratschläge gegeben und konnte oft nicht verstehen, wieso das Verhalten des Hundes nicht besser wurde. Natürlich ist immer der Besitzer in der Pflicht, aber so einfach, wie es sich in der Theorie anhört, ist es leider nicht, das musste ich am eigenen Leib erfahren und es hat mich in meiner Tätigkeit wieder ein ganzes Stück weiter gebracht.



Jetzt ist aber immer noch nicht die Frage beantwortet, was man denn jetzt dagegen tun kann. Als aller erstes, solche Hunde brauchen viel Ruhephasen (deswegen auch die Bilder von der schlafenden Yuki). Denn nur so ist es möglich, dass der Hormonspiegel, der hierfür verantwortlich ist, wieder runter fährt. Für solche Hunde ist weniger absolut mehr!

Als Hundetrainer sage ich jetzt, ein Alternativverhalten aufbauen, also etwas, dass der Hund stattdessen tun kann. Aber auch das ist mit einem jungen Hund, bei dem noch nichts richtig sitzt, nicht so einfach. Und es hat bei uns auch nicht funktioniert. Yuki konnte zwar das "Sitz" ausführen, aber sobald die Freigabe kam, fiel sie sofort wieder in das Fehlverhalten zurück. Also für uns nicht die Lösung. Ein Abbruchsignal, bei dem der Hund lernt, dieses Verhalten lohnt sich nicht für dich, hat nur kurzzeitig funktioniert. An einen Baum binden und solange warten bis sich der Hund beruhigt hat, auch hier gab es keine Besserung, das habe ich später auch bereut. Darauf komme ich in einen späteren Artikel zurück.

Was hat man denn jetzt noch für Möglichkeiten? Bei uns war es einfach der Zufall, der die Lösung brachte. Und zwar hat mit Yuki an einem Tag so heftig attackiert, dass ich sie vorne am Geschirr hoch genommen, sie mir sanft zwischen die Beine geklemmt habe, so dass sie nicht mehr in der Lage war mich zu beißen und habe dann ganz beruhigend auf die eingeredet und sie gestreichelt. Das hatten wir im Zusammenhang mit der konditionierten Entspannung geübt.


Das war bei uns die Lösung. Ab diesem Zeitpunkt wurden die Übersprungshandlungen immer weniger (hier muss ich aber erwähnen, dass es ein gutes halbes Jahr gedauert hat, bis sich das Verhalten praktisch in Luft aufgelöst hat), heute kommt es nur noch selten vor, dass Yuki Frust nicht aushalten kann. Erwähnt werden muss natürlich auch, dass parallel ein Impulskontrolltraining erfolgen muss.


Fortsetzung folgt.

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